C D s
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NEUES
AUS
DER
MUSIKWELT
von Thomas Hintze
Aus seiner umfangreichen CD-Sammlung
fischt der Jazz-Kenner und -Liebhaber
Thomas Hintze für die STEREO-Leser jeden
Monat die schönsten Schätze. Im Folgenden
widmet er sich den Standards.
M e in e Ja z z S ta n d a rd s
„Just Friends“
A
ls Erstes möchte ich gern er-
klären, warum ich den Titel
„Just Friends“ vorstelle. Wann
imm er ich Jazzm usiker live er-
lebt habe, hatte ich stets den Ein-
druck, enge Freunde auf dem Po-
dium zu sehen, denn der Jazzvor-
trag ähnelt nicht selten einem
Frage- und Antw ortspiel oder
einer intensiven Unterhaltung.
Wenn zum Beispiel der Bassist
N iels-Henning
0
rsted-Pedersen
ein besonders gelungenes Solo
hingelegt hat, dann fand es nicht
nur bei Oscar Peterson sponta-
nen Beifall, sondern der M eis-
terpianist knüpfte genau dort an,
nahm sozusagen den Ball auf.
Vor allen Dingen bei Live-Aufnah-
men kann man das gut verfolgen.
„Just Friends“ würde ich denn
auch als „M usik unter Freunden“
interpretieren. Der Titel stammt
von einem 1899 in Deutschland
geborenen, in Am erika leben-
den Komponisten namens John
Klenner und wurde 1931 kompo-
niert; vom Textdichter Sam M. Le-
wis ist auch „Gloomy Sunday“ be-
kannt. Nachdem wir die histori-
men hat. Es klingt sehr relaxt, wie
Paul Kuhn hier die Akkorde vorgibt,
über denen Thielemans seine Fäden
spinnt. Wie man mit einer Mundhar-
monika so differenziert spielen kann,
wird mir immer ein Rätsel bleiben.
Es handelt sich - wie meist bei Paul
Kuhn - um einen Live-Mitschnitt. Mit
ihm ist einer der letzten Veteranen
des Jazz in Deutschland abgetreten,
der selbst im hohen Alter noch aktiv
war. Denken wir also an ihn und las-
sen ihn noch einmal spielen: „Play It
Again Paul“ - bitte.
Begleiter, auf den sich die Melodi-
einstrumentalisten verlassen konn-
ten, und genau das spürt man hier
- bei ihm kommt jeder solistisch
„zu Wort“. In diesem Zusammen-
hang muss ich unbedingt noch ein-
mal auf Niels-Henning hinweisen,
der im Mittelteil ein ausgedehn-
tes Solo hat. Die CD
„Oscar Peter-
son Meets Roy Hargrove And Ralph
Moore“
(Telarc) ist einfach großar-
tig, zumal sie auch noch exzellent
aufgenommen wurde - so richtig
zum Entspannen.
ursprünglich die Platte „Breathe
Easy“, ist es dann ein Quintett, in
dem Hank Jones (Klavier), Monty
Budwig (Bass) und Shelly Manne
(Schlagzeug) sowie Allen Smith
(Trompete) agieren, dort finden
wir auch den Titel „ Just Friends“.
Da die ersten Stücke 1951 aufge-
nommen wurden, entschädigen
uns diese dann in Stereo, obwohl
der Klang auch in Mono durchaus
highfidelen Ansprüchen genügt.
Hier nun gibt sich Tjader ganz sei-
nem Hauptinstrument hin, dem Vi-
brafon, und Monty Budwig mar-
schiert wieder großartig durch die
Harmonien - Bassisten haben es
mir eben angetan. Eine rundherum
empfehlenswerte CD mit leichten
Vorteilen im zweiten Teil.
Der Plattenchef und
Impre-
sario Norman Granz brachte auf
seinem Label Pablo Today M usi-
ker zusammen, mit denen er frü-
her durch die Konzertsäle und auf
den Jazzfestivals tourte, so auch
auf der CD
„The Trumpet Sum-
mit Meets The Oscar Peterson Big
Four“
(Pablo Today). Bei den Trom-
petern handelt es sich um Dizzy
Paul Kuhn Trio: Play It Again Paul
Oscar Peterson: Oscar Peterson Meets
Roy Hargrove And Ralph Moore
Cal Tjader: Cal Tjader Extremes
Diverse Musiker: The Trumpet Summit
Meets The Oscar Peterson Big Four
schen Daten geklärt haben, nun zu
meinen Empfehlungen.
Der Tod von
Paul Kuhn
am 23.
September 2013 hat mich letztlich
doch überrascht. Ich habe ihn immer
als großartigen Jazzpianisten und
Big-Band-Arrangeur geschätzt. So
möchte ich ihn heute, auch als klei-
ne Erinnerung, mit der CD
„Play It
Again Paul“
( In+Out) an den Anfang
stellen. Zu seinem Trio gehörten die
Weggefährten Paul G. Ulrich (Bass)
und Willy Ketzer (Schlagzeug), als
Gast hören wir auf einigen Stücke
Greetje Kauffeld (Gesang) und Jean
„Toots“ Thielemans (Mundharmoni-
ka), der besonders in „Just Friends“
einen wunderbaren Part übernom-
Nun ist
Oscar Peterson
an der
Reihe. Sein Trio hat er schon immer
gern durch Bläser ergänzt, wie hier
mit dem Trompeter Roy Hargrove
und dem Tenorsaxofonisten Ralph
Moore. An seiner Seite finden wir
noch Niel-Henning
0
rsted-Peder-
sen (Bass) und am Schlagzeug (an-
stelle von Martin Drew) den jungen
Lewis Nash. „Just Friends“ beginnt
mit einem Solo des Kontrabassis-
ten, anschließend wird die Melo-
die durch Hargrove auf der Trompe-
te vorgestellt. Ich mag einfach die-
se beiden relativ jungen Bläser, die
wie selbstverständlich ihre großar-
tigen Soli vortragen. Oscar Peter-
son war immer auch ein geduldiger
Das Vibrafon kennt nicht so viele
herausragende Solisten wie zum
Beispiel Schlagzeug oder Kontra-
bass. Zu dieser kleinen Elite ge-
hört zweifellos
Cal Tjader.
Auf der
CD
„Cal Tjader Extremes“
(Fan-
tasy) vereinigen sich zwei völlig
unterschiedliche Alben und da-
mit auch Formationen, da ist der
Name durchaus zutreffend. Zu-
nächst hören wir Tjader mit sei-
nem Trio, und da das Vibrafon an
den M usikhochschulen zu den
Rhythmusi nstrumenten zählt, ist
es nicht verwunderlich, dass Tja-
der neben seinem Vibrafon auch
Bongos und Schlagzeug hervorra-
gend spielt. Auf dem zweiten Teil,
Gillespie, Freddie Hubbard und
Clark Terry, bei Oscar Petersons
Big Four agieren neben ihm Ray
Brown (Bass), Joe Pass (Gitarre)
und Bobby Durham (Schlagzeug).
Bei „Just Friends“ nun können sich
die Trompeter einmal untereinan-
der „unterhalten“, und das ma-
chen sie viel, wobei einer immer
die Gesprächsführung übernimmt.
Es beginnt Clark Terry (hier auf
dem Flügelhorn), gefolgt von G il-
lespie und Hubbard. Trotz allem
Einverständnis, ein wenig Konkur-
renz unter den dreien belebt die
Musik sehr wohl, das ist deutlich
zu spüren. Viel Spaß, Ihr Thomas
Hintze.
132 STEREO 4/2014
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problematisch I ★ schlecht